Beitrag vom 30.01.2023, von Wiebke Semm
"Bei der Inneneinrichtung ist es wie mit der Liebe: Manchmal sehen wir etwas und sind von dessen Formsprache und Erscheinung so angetan, dass wir uns schlagartig verlieben.“ – Wiebke, Senior Content Marketing Managerin
Erst gestern bin ich durch meine Lieblingsgasse in meinem Lieblingsviertel geschlendert. Sobald ich etwas Zeit für einen Spaziergang finde, führt mein Weg mich ganz automatisch hierher. Wie ferngesteuert wandert mein Blick die schönen Stuck verzierten Fassaden der Altbauten entlang. In den Fenstern stilbewusster Bewohner:innen stehen formschöne Kerzenhalter neben gläsernen Vasen, dahinter der runde Esstisch aus dunklem Holz und ein antiker Kronleuchter. In der Ecke lässt sich schemenhaft ein Piano erkennen. Das wars. Mehr konnte ich beim Vorbeigehen nicht erhaschen, aber Stehenbleiben und weiter starren? Kommt nicht in Frage.
Und schon geht das Kopfkino los: Wie sind wohl die Menschen, die hier wohnen? Was sagt das liebevoll dekorierte Fensterbrett über ihre Persönlichkeit aus? Und warum interessiert mich das Innenleben anderer Wohnungen und Häuser überhaupt so brennend? Einrichtungsexpert:innen behaupten: „Die eigene Wohnung ist das Intimste, was uns ein Mensch von sich zeigen kann.“ Und es stimmt, hinter die Vorhänge fremder Wohnungen zu schauen, übt einen gewissen Reiz auf uns aus. Bereits kleinste Details genügen, um sich ein erstes Bild von ihnen und ihrem Alltag zu machen. Ich male mir aus, wie sich die Familie abends an dem runden Esstisch versammelt, den Tag Revue passieren lässt und das frische, duftende Brot vom Bäcker aufgeschnitten wird.
Jedes Produkt und jedes Möbelstück erzählt seine eigene Geschichte. Manche sind intim und lang, wie bei einem Erbstück, das bereits seit vielen Generationen in der Familie ist, andere eher flüchtig und kurz, wie der Spontankauf im schwedischen Möbelhaus. Doch, egal wie wir unsere vier Wände gestalten, sie sagen vieles über uns aus. Bei der Inneneinrichtung ist es wie in der Liebe: Manchmal sehen wir etwas und sind von dessen Formsprache und Erscheinung so angetan, dass wir uns schlagartig verlieben. Bei anderen wiederum schließen wir eine engere Beziehung von vornherein aus.
Auch ich habe zuhause ein Möbelstück, an dem mein Herz besonders hängt. Den alten, handbemalten Bauernschrank hat mein Vater auf einem Antikmarkt gekauft als ich noch nicht auf der Welt war. Heute steht er in meinem Schlafzimmer. Die vielen Umzüge zu Studienzeiten haben ihm hie und da sichtlich zugesetzt, die Farbe blättert langsam und die Holztür ist verzogen. Doch, solange er nicht in sich zusammenfällt, begrüße ich ihn wie einen liebgewonnenen Freund, mit dem ich unzählige Erinnerungen teile.
Sind es vielleicht gerade diese persönlichen Geschichten, die uns voller Neugier in fremde Wohnungen spähen lässt?
Beitrag vom 30.01.2023, von Wiebke Semm