Beitrag vom 13.12.2022, von Wiebke Semm
"Arbeit, Haushalt, Familie – und dann auch noch perfekte Weihnachten? Wer soll das alles unter einen Hut bekommen? Ein bisschen Chaos gehört für mich zu einem gelungenen Fest einfach dazu.“ – Wiebke, Content Marketing Managerin
„Lieber unperfekt“ lautet das Titelthema einer Fachzeitschrift, die aufgeschlagen auf meinem Esstisch liegt. Unwillkürlich muss ich schmunzeln, denn der Anblick, der sich mir da gerade bietet, ist tatsächlich alles andere als perfekt. Ein paar Brotkrümel vom gestrigen Abendbrot, ein Einkaufszettel mit Kritzeleien und die leere Kaffeetasse, über der die trostlosen Blütenblätter der welken Amaryllis hängen.
„In wenigen Tagen ist Weihnachten“, schießt es mir durch den Kopf. Und die ToDo-Liste ist lang. Doch anstatt den Putzlappen zu zücken und in Weihnachtsstress zu verfallen, lehne ich mich an den Küchentresen, genieße meinen Tee und beobachte das chaotische Stillleben.
Ich scrolle durch meinen Instagram-Feed, der – wie es sich für eine Interior-Liebhaberin gehört – voll von toll eingerichteten Wohnungen beliebter Influencer:innen ist, und frage mich: Wo verstecken die eigentlich die Brotkrümel, den ganzen Krimskrams und die bunten Spielsachen? Selbst die kitschigen Christbaumkugeln, die ich aus Kindheitstagen noch in Rot-Grün-Gold-glitzernd kenne, werden in ein nichtssagendes mattes Greige getaucht. Selbstredend, dass sich diese dann nahtlos in die ebenso perfekt abgestimmte Inneneinrichtung fügen. Aber dürfen wir an Weihnachten - gerade an Weihnachten - nicht etwas mutiger sein?
Zwischen all der Ton-in-Ton Dekoration lobe ich mir den ausgefallenen Weihnachtsschmuck des italienischen Labels Alessi, der sich hartnäckig über den Minimalismus Trend hinwegsetzt und mit mutiger Verspieltheit auftrumpft.
Zugegeben, auch ich mag es, wenn mein Zuhause sauber und aufgeräumt ist und alles möglichst harmonisch aussieht. Und wie sagt man so schön? "Die Wohnung ist auch immer eine Art Spiegel der eigenen Persönlichkeit:" Doch scheint sich diese Persönlichkeit, wenn man Instagram und Co. Glauben schenken mag, mehr und mehr zu einem allgemeingültigen Einheitsbrei zu entwickeln.
Bitte nicht falsch verstehen, auch ich hole gerne das Beste aus meinem Wohnumfeld heraus, insbesondere zu Weihnachten, wenn der Besuch der Liebsten ansteht. Schließlich sollen sich alle wohlfühlen und – offengesagt – auch ein bisschen beeindruckt sein.
Aber mal ehrlich: Arbeit, Haushalt, Familie – und dann auch noch perfekte Weihnachten? Wer soll das alles unter einen Hut bekommen? "Muss ich gar nicht", sage ich mir. Zu einem gelungenen Fest mit ausgelassener Stimmung gehört ein bisschen Chaos für mich einfach dazu. Also: Durchatmen, die Krümel Krümel sein lassen und sich bewusst machen, dass das, was uns in der digitalen Welt so schillernd entgegenstrahlt, meist einfach nur gut inszeniert ist.
Zumindest hoffe ich das.
Beitrag vom 13.12.2022, von Wiebke Semm